Im Beitrag wird Delegation Poker an einem konkreten Beispiel gezeigt.

Während in klassischen Organisationen oft Top-Down-Anweisungen vorherrschen, sind in agilen Arbeitskontexten selbstverantwortliche Teams nötig. Dieser Transformationsprozess erfordert aber einige Übung und auch viel Kommunikation. Denn bei Führungskräften kann das Gefühl entstehen außen vor zu bleiben und manche Mitarbeiter können mit dem nun gewonnenen Spielraum überfordert sein.

Delegation Poker ist ein von Jurgen Appelo entwickeltes Instrument, um selbstverantwortliche Teams zu fördern, agile Arbeitstechniken einzuüben und dezentrale Organisationsformen umzusetzen. Weiterhin schärft es Rollenverständnisse in Teams und schafft Bewusstsein für die Übernahme von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen. Die Teilnehmer lernen, dass es zwischen Anweisung und einfach Machen lassen auch Zwischentöne bei der Delegation von Verantwortung gibt. Der Post und das dazugehörige Video erklärt das Spiel und zeigt den Ablauf anhand von zwei ganz konkreten Beispielen.

Auch bei der Einführung von Lean Management sind selbstverantwortliche Teams ein zentrales Element. Auch hier kann Delegation Poker ein hilfreiches Tool sein, um beispielsweise die Implementierung von Lean Logistics erfolgreich zu unterstützen.

Video mit zwei konkreten Anwendungsbeispielen
(Danke an die Fachschaft der Fakultät BW der OTH Regensburg und das Team von Mode Deuerling!)

Vorbereitung des Spiels: Erstellung eines Situation Backlogs

Der Start des Spiels ist die Sammlung von Entscheidungssituationen in einem sogenannten Situation Backlog. Darin sammeln die Teammitglieder typische aktuelle oder vergangene Entscheidungssituationen oder mit Konflikten behaftete Fragestellungen, die im Tagesgeschäft auftreten. Es bietet sich an, diese zunächst zu sammeln und wenn möglich auch thematisch zu gruppieren. So kann das Team Nuancen und Details besser besprechen.

Was können nun mögliche Entscheidungssituationen sein? Denkbar sind z. B. bei operativen Teams aus der Logistik Vertretungsregelungen, Urlaubsplanung, Verteilung von Schichtdiensten, Übernahme von Sonderaufgaben oder Häufigkeit von 5S-Audits.

Teams aus der IT-Beratung oder dem Consulting können beispielsweise Szenarien rund um die Einstellung (Wer legt die benötigten Kompetenzen fest? Wer nimmt an den Bewerbungsgesprächen teil?), Bezahlung (Wie hoch soll das Gehalt neuer Mitarbeiter sein? Wie werden Boni vergeben?) oder Beförderung (Wer bestimmt die Kriterien zur Beförderung? Wer entscheidet über die Beföderung?) von Mitarbeitern bearbeiten.

Ablauf des Delegation Pokers

Dann geht es in das Spiel: Jemand stellt eine Fragestellung aus dem Situation Backlog vor. Danach legt jede/r Spieler:In für sich eine Karte mit der sich passendsten Delegationsstufe verdeckt vor sich hin.

Delegationsstufen

Den Spieler:Innen stehen folgende Delegationsstufen als Auswahl zur Verfügung:

  1. Tell: Die Führungskraft entscheidet und danach informiert sie das Team über die Entscheidung.
  2. Sell: Die Führungskraft entscheidet und danach überzeugt sie das Team, dass die Entscheidung richtig und gut war. 
  3. Consult: Die Führungskraft entscheidet, aber vor der Entscheidung bittet sie allerding um Rat, den sie in ihre Entscheidung mit einbezieht.
  4. Agree: Die Führungskraft und das Team entscheiden gemeinsam nachdem es alle Belange diskutiert hat. 
  5. Advise: Das Team entscheidet, aber die Führungskraft bietet dem Team Meinung und Rat an. 
  6. Inquire: Das Team entscheidet und nach der Entscheidung erkundigt sich die Führungskraft, wie es entschieden hat.
  7. Delegate: Das Team entscheidet vollkommen eigenverantwortlich. Wie und warum es entsprechend entschieden hat, muss die Führungskraft nicht wissen.

Wenn alle Karten liegen, decken alle Spieler:Innnen die Karten gleichzeitig auf und zeigen die Ergebnisse. Der Vorteil der verdeckten Auswahl im Vergleich zur bloßen Diskussion liegt darin, dass die eigene Sichtweise zunächst unabhängig von der Meinung der anderen Spieler:Innen erfolgt. Die Spieler:innen können also keine strategische Wahl treffen und geben Ihre Präferenzen so unvoreingenommen wie möglich wider.

Bei sehr ähnlichen Delegationsstufen, besteht offenbar Einigkeit über die Form der Delegation und sie kann so vereinbart werden. Wenn die Spieler:Innen sich allerdings für sehr unterschiedliche Delegationsstufen entschieden haben, besteht Gesprächsbedarf. Zunächst erklärt entweder jeder reihum warum sie oder er die jeweilige Stufe gewählt haben oder man beginnt mit den Extrempunkten (zuerst am besten die Person mit der niedrigsten Delegationsstufe).

In einer Diskussion versucht sich das Team dann auf eine Stufe zu einigen. Gelingt das, geht es mit der nächsten Situation weiter. Gelingt es nicht, wird die Situation in das Situation Backlog zurück gestellt und darüber zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal gepokert.

Weitere Infos zu Delegation Poker auch in Zusammenhang von Digitalisierung gibt es hier oder hier.

Und wer nun direkt loslegen möchte, kann die Delegation-Poker-Karten gleich über den Affiliate-Link bestellen:

Transparenz schaffen mit dem Delegation Board

Nachdem alle Entscheidungssituationen ausgepowert wurden, kann das Team die gefundenen Entscheidungen in einem Delegation Board dokumentieren. Das Delegation Board gibt dann in den Zeilen einen Überblick über die Entscheidungssituationen und die jeweilige Delegationsstufe.

Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit von Teams ist selbst ein Prozess. Deshalb sollte man das Spiel im Team von Zeit zu Zeit wiederholen. Denn so dynamisch wie das Umfeld und das Geschäftsmodell ist, können auch die Entscheidungssituationen und auch die Kompetenz in Sachen Selbstverantwortung sein. Und die steigt mit jedem Durchgang Delegation Poker.

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Weitere Regeln und Tipps

Eigentlich kann bei dem Spiel wenig schief gehen. Wenn Spieler:Innen Entscheidungssituationen oder Delegationsstufen etwas unterschiedlich verstanden haben kann das nach dem SCRUM-Leitsatz “Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge” im gemeinsamen Gespräch geklärt werden. Dennoch gibt es noch ein paar Tipps zum Gelingen des Spiels:

  • Eine konkrete und detaillierte Formulierung der Entscheidungssituation ermöglicht eine bessere Diskussion. Dazu trägt ggf. auch der Einbezug von Rahmenbedingungen der Situation bei. Also unter welchen besonderen Bedingungen die Situation entstanden ist.
  • Zur optimalen Teilnehmeranzahl gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Es spricht theoretisch nichts gegen eine große Anzahl von Teilnehmenden. Allerdings bietet es sich an, Delegation Poker gemeinsam in seinem Team zu spielen. Insofern bestimmt die Größe des Teams die Teilnehmeranzahl.
  • Die Führungskraft ist ein wesentlicher Bestandteil des Teams und des Spiels. Ohne die Führungskraft macht das Spiel nur wenig Sinn. Außerdem sollte in der Diskussion jede Sichtweise gehört werden, es sollte also niemand aus dem Team von der Diskussion ausgeschlossen werden.
  • Ein (externer) Moderator ist hilfreich. Er oder sie kann zwischen den Teilnehmenden bei Bedarf vermitteln. Außerdem kann er oder sie eine eventuelle Timebox (je nach Anzahl Entscheidungssituationen z. B. ca. 5-10 Minuten pro Situation) im Blick behalten.

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