Digitale Transportplattformen als neue Geschäftsmodelle in der Logistik

Die digitale Transformation ist in vollem Gange. Neue Geschäftsmodelle entstehen und etablierte Unternehmen müssen flexibel bleiben und sich an die Entwicklung anpassen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie abgehängt werden. Beispiele hierfür gibt es zuhauf aber auch sehr gute Beispiele, wie man in traditionellen Branchen digital erfolgreich sein kann. Aber was sind Beispiele in der Logistik, worin unterscheiden sich die neuen von klassischen Geschäftsmodellen und was sind die veränderten Erfolgsfaktoren?

Beispiel für ein neues Geschäftsmodell in der Logistik

Plattformen spielen bei neuen Geschäftsmodellen eine große Rolle. Viele der innovativsten und hoch bewerteten Unternehmen sind Plattformen. Beispiele sind Facebook, Amazon oder AirBnB. Ein Beispiel für die Umsetzung einer Plattformstrategie in der Logistik sind Transportplattformen, die den Markt von klassischen Spediteuren mit digitalen Möglichkeiten umkrempeln. 

Business Model Canvas in Anlehnung an Osterwalder/Pigneur

Ein Geschäftsmodell beschreibt wie ein Unternehmen funktioniert und wie es Gewinne erwirtschaftet. Eine gängige Struktur, der Business Model Canvas, wurde von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur Model entwickelt. Mit dieser Struktur können Geschäftsmodelle umfassend beschrieben werden. Der Kern des Business Model Canvas ist das Wertangebot für den Kunden, die Value Präposition. Auf der Marktseite werden dann die bearbeiteten Kundensegmente, die dazu genutzten Kommunikation- und Distributionskanäle und die angestrebten Kundenbeziehungen dargestellt. Die möglichst detaillierte Analyse der Einnahmequellen schließt diesen Bereich ab. Auf der Unternehmensseite bilden die Schlüsselressourcen und die Schlüsselaktivitäten die Basis für die Abbildung der Kostenstruktur. Schlüsselpartner sind für das Funktionieren des Geschäftsmodells wichtig.

Das Geschäftsmodell eines klassischen Logistik-Dienstleisters

Das Geschäftsmodell eines klassischen Logistik-Dienstleisters bzw. eines (Stückgut-) Spediteurs kann anhand der Struktur eines Business-Model-Canvas beschrieben werden. Dabei sind dann die bearbeiteten Kundensegmente sehr allgemein verladende Unternehmen aus verschiedenen Branchen, die Produkte versenden möchten. Die Einnahmequelle der Spediteure besteht in dem für den Transport – häufig auf den Faktoren Gewicht und Distanz basierenden – fälligen Preis. Der Kanal, über die Dienstleister Kunden ansprechen bzw. akquirieren ist klassischerweise der direkte Kundenkontakt. Das Wertangebot für den Kunden liegt darin, dass er keine eigenen Fahrzeuge vorhalten muss und damit kein Auslastungsrisiko trägt. Die LKWs sind – sofern es keine „Sofaspediteure“ sind – für die Spediteure häufig neben Hallen und Büros die Schlüsselressource, die auch gleichzeitig die Kostenstruktur bestimmt und die Schlüsselaktivitäten sind neben der Akquise von Aufträgen die administrative und physische Abwicklung der Transporte. Als Schlüsselpartner kommen beispielsweise Nutzfahrzeughersteller oder Händler von Lagerausstattung bzw. Fördermitteln in Betracht.

Grenzen der Skalierbarkeit ergeben sich einerseits durch die physische Infrastruktur (LKWs mit Fahrern), die durch fixe und variable Kosten geprägt ist, und die Fähigkeit Transportaufträge zu generieren auf der anderen Seite.

Digitale Transportplattformen als neues Geschäftsmodell

Im Geschäftsmodell einer digitalen Transportplattform sind dagegen Verlader und Spediteure gleichermaßen die bearbeiteten Kundensegmente. Denn das Wertangebot der Plattform als Schlüsselressource mit hohem Fixkostenanteil besteht darin, möglichst gut angefragte Transportaufträge mit den bestehenden Transportkapazitäten zu matchen. Gut bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alle Ladungen zeitgerecht zugestellt werden und gleichzeitig möglichst wenig Kapazität leer bleibt. Es geht also um eine möglichst gute geografische und zeitliche Passigkeit. Denn optimalerweise ist die neue aufzunehmende Ladung möglichst nah an dem Ort der letzten Lieferung lokalisiert. Das kann auch durch intelligente Algorithmen, die neben Ladungen in den jeweiligen Zielgebieten auch Ladungen in einem Korridor entlang der Strecke suchen, erreicht werden. Für die Dienstleistung des Vermittelns berechnet die Plattform sowohl vom Verlader als auch vom Spediteur eine prozentuale Gebühr vom ausgehandelten Preis, was gleichzeitig die Einnahmequelle der Plattform sind. 

Die nutzerorientierte Entwicklung und Administration der Internetplattform sind Schlüsselaktivitäten der Plattform. Dabei müssen die im klassischen Modell internen und für die Kunden unsichtbaren Prozesse wie „Kunden anlegen und anbinden“ oder „Disposition der Ladung“ auf der Plattform so einfach und sicher gestaltet werden, dass die Nutzer diese Prozesse selbst durchführen können. Das wird auch als Invertierung von innen nach außen bezeichnet. Insofern ist die Gestaltung und IT-technische Umsetzung der „User-Experience“ oder der „Customer-Journey“ ein Erfolgsfaktor bei der Umsetzung des neuen Geschäftsmodells. Die Plattform repräsentiert gleichzeitig den wichtigsten Kommunikations- und Distributionskanal.

Die wichtigste und erfolgskritischste Aktivität ist allerdings, möglichst viele aktive Nutzer (Verlader wie Dienstleister) auf die Plattform zu locken, denn damit steht und fällt der Mehrwert für alle Nutzer und auch das Potenzial der Plattform profitabel zu arbeiten. Welche Strategien es hierfür gibt und was das für die Prozesse bedeutet, wird hier dargestellt. Auch spielen Schlüsselpartner bei Transportplattformen eine weitaus wichtigere Rolle als in klassischen Geschäftsmodellen. Beispielsweise können LKW-Hersteller als Investoren fungieren oder Branchenverbände einen besseren Zugang zu spezifischen Märkten erleichtern können.

Innovatives Denken zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

Die Erschließung neuer Einnahmequellen von traditionellen Unternehmen erfordert also ein erhebliches Umdenken bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Geschäftsmodelle. Insofern ist kann ein strukturiertes Out-of-the-Box-Denken der Startpunkt für eine Neuerfindung sein. 

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