Von den besten lernen und Marktanteile gewinnen! Guter Service passiert nicht zufällig. Hinter hervorragendem Service in verschiedenen Kanälen stehen oft exzellent durchdachte und implementierte Prozesse. Erfolgsfaktoren sind eine konsequente, kontinuierliche und Kundennutzen-orientierte Verbesserung sowie gutes Management der Serviceprozesse.

Der Beitrag beschreibt Beispiele und Erfolgsfaktoren für Innovationen in Serviceprozessen. Dazu habe ich Markus Hamer (Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Service-Qualität) interviewt. Anschließend stelle ich mit Design Thinking und der Customer Journey Map zwei Methoden bzw. Instrumente vor, die helfen innovative Serviceprozesse zu konzeptionieren. Ein eigenes Beispiel sowie Hinweise auf Methoden zur Umsetzung der Innovationen und zum laufenden Management von Serviceprozessen runden den Beitrag ab.

Ein Video auf meinem YouTube-Kanal fasst die wichtigsten Punkte zusammen und enthält auch Ausschnitte aus dem Interview mit Markus Hamer.

Beispiele für Serviceinnovationen

McDonalds ist ein gutes Beispiel für eine relativ umfassende Überarbeitung des Serviceangebots. Neben einem frischeren und gesünderen Speisenangebot hat McDonald’s auch das Servicekonzept in den Restaurants komplett überholt. Nämlich von einer Make-to-Stock- hin zu einer Make-to-Order Strategie. Anstatt wenige standardisierte Produkte aus einem Wärmeregal zu kommissionieren, bereiten die Mitarbeiter auftragsbezogen viele Produkte frisch zu. Das neue Konzept, das auch eine digitale Bestellung beinhaltet, spart Ressourcen, die verbessert die Hygiene und erhöht durch die Bedienung am Tisch auch den Service. Statt in der Schlange vor dem Counter können die Gäste nun bequem am Tisch warten. Die gesamte Wartezeit verlängert sich dabei nicht. Ein aus meiner Sicht gelungenes Beispiel für kundenorientierte und digital transformierte Dienstleistungsprozesse. 

Aber McDonald’s nur eines von vielen Unternehmen, die ihre Prozessen auf Vordermann gebracht haben. Als Jurymitglied des deutschen Exzellenzpreises konnte ich einige weitere Beispiele begutachten. So wird beispielsweise bei Produkten, die viele Konfigurationsmöglichkeiten bieten, der Auswahlprozess zunehmend durch Augmented oder Virtual Reality unterstützt. Einige Auto- oder Möbelhäuser lassen Ihre potenziellen Kunden das neue Auto von außen und innen virtuell ansehen oder das im neuen Wohnzimmer schon einmal Probe sitzen.

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Guter Service in verschiedenen Kanälen

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass Service im Vergleich zum klassischen Kundendienst nicht nur Dienstleistungen nach dem Kauf sind, sondern auch Kauf- bzw. Produkt-begleitende Dienstleistungen oder auch eigenständige Dienstleistungsangebote umfasst.

Wie die oben beschriebenen Beispiele zeigen, nutzen Unternehmen verschiedene Kanäle, um mit ihren Kunden zu interagieren. So kann der Service stationär vor Ort in Läden oder Beratungsbüros erbracht werden, telefonisch, per E-Mail oder über die Webseite als Self-Service-Kanal. In einigen Fällen bieten Unternehmen auf Webseiten auch noch Online-Chats an. Um ein richtig gutes Serviceerlebnis zu gestalten sollten Anbieter nach der aktuellen Ansicht nicht nur nur in möglichst vielen der einzelnen Kanäle gut sein (Multi-Channel), sondern über verschiedene Kanäle hinweg einen abgestimmten und durchdachten Service anbieten (Omni-Channel).

Das gewinnt durch neuere Erkenntnisse empirischer Studien aus der Verhaltensökonomie noch zusätzliche Bedeutung. Denn sie lassen den Schluss zu, dass Kundenloyalität eher mit dem Kundenaufwand statt mit der Kundenzufriedenheit korreliert. So wurde in einer Studie ein stärkerer positiver Zusammenhang zwischen dem Customer Effort Score (Maß der Anstrengung zur Befriedigung des Kundenbedürfnisses) und der Wiederkaufswahrscheinlichkeit ermittelt, als mit dem Net Promoter Score und ein wesentlich höherer als mit dem Zufriedenheitswert. Das erscheint plausibel, denn die eigene Erfahrung zeigt oft, dass man trotz einer gewissen Unzufriedenheit beim bisherigen Anbieter bleibt, weil man den Aufwand scheut, sich einen neuen Anbieter zu suchen. Diese Erkenntnis sollten sich Unternehmen zu Herzen nehmen, indem sie die Prozesse für Bestandskunden so einfach wie möglich machen und Neukunden beim Wechsel bestmöglich zu unterstützen.  

Experten-Insights: Interview mit Markus Hamer (Deutsches Institut für Service-Qualität)

Markus Hamer ist Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Service-Qualität (DISQ). Das Ziel des privatwirtschaftlichen (ohne öffentliche Zuschüsse), verbraucherorientierten und unabhängigen (keine Zertifizierungen oder Studien im Auftrag von Unternehmen) Instituts ist es Transparenz zu schaffen und die Servicequalität in Deutschland zu verbessern. Hierzu führt es Servicestudien, Tests und Kundenbefragungen auf Basis standardisierter, objektiver und aktueller Marktforschungsmethodik durch. Ich unterstütze das DISQ bei der Erstellung von Studien. Mit ihm habe ich mich über aktuelle Entwicklungen des Service in Deutschland ausgetauscht.

Interview Thomas Liebetruth mit Markus Hamer zu innovativen Serviceprozessen
Screenshot Interview mit Markus Hamer

TL: Das DISQ testet seit über 15 Jahren die Servicequalität deutscher Unternehmen und lobt in Kooperation mit Medienpartnern wie n-tv Preise für guten Service, wie zum Beispiel erst kürzlich wieder den deutschen Servicepreis, aus. Du hast also einen guten Überblick über den Service in Deutschland. Ist der Service in Deutschland in den letzten zehn Jahren besser geworden?

Markus Hamer: Service hat sich eher verbessert, ist aber differenziert in den verschiedenen Kanälen zu sehen. Trotz Corona hat sich die Serviceorientierung vor Ort am stärksten verbessert. Unsere Erklärung ist, dass die Unternehmen dort im direkten Kundenkontakt den USP sehen und das weiter vorantreiben wollen. Bei der Telefonie hängt es von der Branche ab. Z. b. in Branchen mit direktem Kundenkontakt wie bei Banken und Versicherung sehen wir nicht die riesigen Verbesserungen. Bei der E-Mail-Bearbeitung sind viele Unternehmen überhaupt noch nicht dort angekommen, was Ihre Kunden von Ihnen erwarten: nämlich eine Antwort spätestens nach einem Tag. Bei den Webseiten sehen wir auch eine Verbesserung. Dieser Online- bzw. Self-Service-Kanal tritt insgesamt stärker in den Vordergrund.

Wir sehen also, dass gerade viel in die Kanäle mit direkten Kundeninteraktionen investiert wird. Unternehmen können dort am besten eine hohe Kundenbindung erzielen. Was aber häufig noch fehlt ist die Verknüpfung der Kanäle. So dass man dort abgeholt wird wo man ist und man als Kunde zwischen den Kanälen springen kann. Beispielsweise wenn ich beim Kundenservice anrufe und mich der Agent dann bei den Self-Service-Aktivitäten auf der Webseite unterstützt.

Man erkennt also in der großen Breite immer noch sehr stark die Service-Silos. Beim Thema Omni-Channel tun sich die Unternehmen in der Praxis immer noch schwer. Gerade in eher traditionell geprägten Branchen kommen diese Silos noch viel häufiger vor. Da haben Unternehmen manchmal auch noch gar keine Chance Omni-Channel zu denken. Hier wäre eine bessere Verknüpfung der Prozesse, Organisationseinheiten und auch bei den Daten nötig. Bei vielen jüngeren Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen dagegen ist die IT-Infrastruktur und darauf aufbauend auch die Service-Infrastruktur genau auf diese Verknüpfung der Kanäle ausgerichtet.

Ein anderer Trend bei ganz neuen, digitalen Unternehmen wie z. B. Direktversicherer ist, dass die Kunden ausschließlich in digitalen Kanälen bedient werden. Dort gibt es dann gar keine telefonische Beratung. Ich finde das auch besser wenn Unternehmen sich klar fokussieren, Schwerpunkte setzen und das den Kunden von vorne herein klar und offen kommunizieren, als wenn Unternehmen denken, jeden Kanal vertrieblich bespielen zu müssen aber dann die Qualität darunter leidet. Der Service ist also punktuell besser geworden, es gibt aber noch Baustellen.

TL: Was sind aus Deiner Sicht gute Beispiele oder Branchen für Serviceinnovationen (digital und offline)?

Markus Hamer: Im Service-Bereich gibt es eher inkrementelle Innovationen als radikale. Der Hauptaugenmerk liegt auf der Verbesserung bereits sehr guter Serviceleistungen.  Auch ist es schwer für Serviceinnovationen eine ganze Branche auszumachen. Es ist eigentlich immer so, dass einige Unternehmen die Customer Centricity besser umsetzen als andere. 

Innovationen liegen aktuell in einer intelligenten Verknüpfung von Kanälen und Serviceprozessen. Beispielsweise können in eine klassische Vor-Ort-Beratung digitale Prozesse integriert werden. Automatisierte Lösungen bringen Produkte vom Lager in den Verkaufsraum. So kann sich der Berater dann voll auf die interaktive Lösung des Kundenanliegens kümmern und muss den Kunden nicht warten lassen und sich mit sehr standardisierten Tätigkeiten beschäftigen. 

Ein Beispiel im digitalen Bereich ist die Verknüpfung von Beratung und neuen Technologien. Bei einem Augenoptiker kann man sich beispielsweise durch Augmented Reality Brillen in verschiedenen Modellen und Farben an einem selbst virtuell ansehen. Haptik ist allerdings schwer zu ersetzen, hier können aktuell maximal Vorschläge gemacht werden. 

Allgemein kann man also sagen, dass die Innovationen im Vor-Ort-Kanal oft darin bestehen eine bereits hoch-kompetente und kundenorientierte Beratung noch besser zu machen. Indem Berater z. B. die Kundenbedürfnisse sauber analysieren und dann eine fundierte Empfehlung geben und somit das Serviceerlebnis noch besser machen. Das sehen wir beispielsweise bei Banken, wo die Beratung besser ist als der Ruf oder bei Hörakustikern, die teilweise ein exzellentes Beratungserlebnis bieten. Sehr gute Serviceleistungen vor Ort – oft auch über Jahre – bieten aber auch Bäckereien oder Lebensmittelmärkte. Die Voraussetzung dafür sind eine bereits vorhandene Grundkompetenz und eigene Weiterbildungsprogramme..  

TL: Gerade in Corona-Zeiten hat sich der Markt und das Umfeld für Lieferdienste sehr dynamisch entwickelt. Wie siehst Du die aktuelle Situation bei Lieferdiensten? Hier gibt es ja einige neuere Anbieter mit sehr ambitionierten Leistungsversprechen, z. B. bei Lebensmitteln und Getränken.

Markus Hamer: Die Situation bei Lieferdiensten ist sehr schwierig. Denn es hat bereits eine Marktbereinigung stattgefunden und es wird voraussichtlich auf eine weitere Konzentration hinauslaufen. Die Pandemiesituation war allerdings tatsächlich auch ein gutes Umfeld für Lieferdienste mit hohen Wachstumsraten gerade in Ballungszentren. Dort konnten die Versprechen einer Lieferung in 10 Minuten eingelöst werden und es werden zudem umweltfreundliche E-Bikes eingesetzt und wenn möglich Verpackungsmaterialien eingespart. Allerdings muss natürlich berücksichtigt werden, dass alle diese Geschäftsmodelle auf Skalierung ausgelegt sind und ein langsames organisches Wachstum nahezu ausgeschlossen ist. Das wird dann irgendwann eine Frage für Kartellbehörden. 

TL: Was denkst Du, werden in den kommenden Jahren die wichtigsten Erfolgsfaktoren für guten Service sein, die Unternehmen beachten sollten?

Markus Hamer: Ich sehe da hauptsächlich drei Punkte: 

Erstens: Unternehmen werden die Beratungsleistung als USP noch stärker in den Vordergrund stellen müssen. Das wird insbesondere in einem Umfeld wichtiger, in dem Produkte und Dienstleistungen noch stärker individualisiert werden können. Insofern wird die Beratungsleistung noch stärker den Auftritt des Unternehmens am Markt bestimmen. Und das müssen die Unternehmen erkennen und in gute Service-Konzepte umsetzen.

Zweitens: Relevante neuer Technologien (wie z. B. KI oder VR/AR) müssen intelligent in die Serviceprozesse integriert werden, ohne den individuellen Kundenkontakt zu verwässern. So können standardisierte Prozesse gut mit Chatbots oder KI-unterstützten Self-Service-Elementen unterstützt werden. Diese sollten aber nur dazu dienen, den Berater von Tätigkeiten zu entlasten, die für die Kundenberatung keinen unmittelbaren Mehrwert bieten. Auch hier: Das Beratungserlebnis für den Kunden muss die führende Größe sein.

Drittens: Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist wie oben schon genannt eine bessere Verknüpfung der verschiedenen Beratungskanäle, um dem Omni-Channel-Ziel näher zu kommen. Beispielsweise können Kunden Vor-Ort oder über das Telefon bei der Bedienung eines Produktkonfigurators unterstützt werden. Die Berater benötigen dazu allerdings das nötige Handwerkszeug und Unternehmen dürfen den Service nicht als eine Stand-alone-Lösung betrachten. Vielmehr muss auch hier das Zielbild eines optimalen Beratungserlebnisses oder Produktes im Mittelpunkt stehen. Und davon ausgehend müssen die Prozesse, Organisationseinheiten und auch die Produkte abgeleitet werden.

TL: Welche Rolle spielen also Prozesse und das Prozessmanagement beim Kundenservice?

Markus Hamer: Gerade bei den beiden letzten Erfolgsfaktoren ist es wichtig die Prozesse zu kennen, Verbesserungspotenziale sauber zu analysieren und die Prozesse entsprechend zu koordinieren. Gerade bei der Verknüpfung der verschiedenen Kanäle gilt es, häufig historisch gewachsenen Strukturen aufzubrechen und vom Kunden her zu denken. Insofern kommt Prozessen eine große Bedeutung und wichtige Rolle zu. Man darf schließlich auch nicht vergessen, dass die Unternehmen, die einen nachweislich guten Kundenservice haben, auch wirtschaftlich stabiler und profitabler sind.

Methoden und Instrumente für innovative und konsequent kundenorientierte Serviceprozesse

Wie können nun innovative und konsequent kundenorientierte Serviceangebote entworfen werden? An dieser Stelle lohnt sich vielleicht der Hinweis, dass eine Innovation neben einer Neuheit auch das Charaktermerkmal einer positiven wirtschaftlichen Nutzung erfüllen muss. Ansonsten ist es “nur” eine Erfindung bzw. eine Invention. Und eine wesentliche Voraussetzung für eine positive wirtschaftliche Nutzung ist, dass die Nutzer die Lösung so gut finden, dass Sie bereit sind mehr Geld dafür auszugeben als für eine bisherige Lösung. Oder: die neue Lösung ist bei gleichem Nutzen günstiger. Die aus meiner Sicht wichtigsten Methoden und Tools zur Konzeption innovativer und Kanal-übergreifender Serviceprozesse sind Design Thinking und das Instrument Customer Journey.

Design Thinking

Design Thinking ist ein Ansatz zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Anwendersicht (Nutzersicht, customer-centric, user-centric). Beim Design Thinking sind die Aspekte Prozess, Team und Raum gleichermaßen wichtig. Die Grundannahme im Design Thinking ist, dass Probleme besser gelöst werden können, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen (Aspekt Team: unterschiedliche Funktionen im Unternehmen, unterschiedliche Ausbildungen, andere Stakeholder) in einem die Kreativität fördernden Umfeld (Aspekt Raum: keine klassischen Seminarräume sondern flexible Einrichtung wie Sitzwürfel, Sofas, Hochtische, verschiebbare Whiteboards etc.) zusammenarbeiten.

Der Prozess orientiert sich an der Arbeit von Designern und kann als “Double-Diamond” dargestellt. Zwei jeweils zunächst divergierende und anschließend konvergierende Phasen (Problemraum und Lösungsraum) sind der Rahmen die relevantesten Bedürfnisse der Nutzer zu analysieren und die wichtigsten Merkmale für die Lösung auszuwählen. Am Ende des ersten Diamanten steht eine Problemdefinition, die die aus Nutzersicht wichtigsten Aspekte fokussiert und ein ganz anderes Problem sein kann als das mit dem der Prozess startete. Am Ende des zweiten Diamanten steht die Lösung für das definierte Problem.

Das Hasso-Plattner-Institut strukturiert den Prozess der Design Challenge in die Phasen Verstehen, Beobachten, Sichtweise definieren, Ideen Finden, Prototypen entwickeln und Testen. In diesen Phasen stehen verschiedenste Instrumente und Methoden zur Verfügung um die Kreativität anzuregen und die für den Nutzer beste Lösung zu entwickeln. So definiert das Team in der Phase Verstehen mit sogenannten Personas, also fiktiven Personen, die anhand Charakteristika wie Namen, Altersgruppe, Beruf, Hobbys aber auch Gründen wie und warum sie handeln sowie Wünsche und Emotionen beschrieben werden, relevante Kundensegmente. In der Phase Ideen Finden generiert ein Brainstorming eine große Zahl möglicher Lösungen. Und zur Entwicklung von Prototypen können verschiedenste Materialien eingesetzt werden aber auch ein Click Dummy aus Papier zur Visualisierung von Benutzeroberflächen oder einlaminierte Figuren (Scenes), auf die lachende oder weinende Gesichtsausdrücke gemalt werden können, um die Customer Journey möglichst plastisch abzubilden.

Einige Erfolgsfaktoren tragen zum Gelingen des Prozesses bei:

  • Empathie – Den Nutzer und seine Emotionen ernst nehmen: Wünsche oder Empfindungen im Kundenerlebnis sind wichtiger als nüchterner Nutzen. Beispiel: die Müdigkeit der Gäste bei der Ankunft nach einem langen Flug wurde in einem Hotel als ein Problem identifiziert. Durch einen On-Board-Check-In konnten die Gäste direkt auf ihre Zimmer gehen.
  • Körperlichkeit – Komplexe Probleme mit Modellen untersuchen: physische Modelle (z. B. mit Lego), aber auch Diagramme oder Zeichnungen (z. B. Screens für Apps oder Customer Journey Maps) machen abstrakte Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen besser erleb- und testbar.
  • Demo or die – Prototypen für ausführliche Tests einsetzen: Potenzielle Nutzer testen die digitalen oder physischen Prototypen ausführlich. So können die Entwickler deren ummittelbare Reaktionen beobachten.
  • Fail fast, fail cheaply – Fehlschläge akzeptieren: Es muss nicht alles klappen, aber Schlechtes sollte schnell verworfen und Gutes weiterverfolgt werden sollte. So können wertvolle Entwicklungsressourcen bestmöglich eingesetzt werden
  • Konzentration auf das Wesentliche – Klare Fokussierung auf eine Funktion bzw. Nutzenkomponente statt viele verwirrende Funktionen: Das Erzeugt Klarheit für den Nutzer. Die Lösung kann technologisch sehr komplex sein, aber aus Sicht des Kunden einfach. Erst spätere Weiterentwicklung sollten weitere Funktionen enthalten.

Ein guter Einstieg in das Design Thinking ist die “Wallet Challenge” für die unter einer Creative Commons Lizenz bereits fertige Arbeitsmaterialien und einige Beispiele verfügbar sind oder das aktuellere D.School Starter-Kit. Auch auf der Seite des Open HPI sind viele interessante Ressourcen zum Design Thinking öffentlich verfügbar. Auch bei Iversity gibt es einen Online-Kurs zum Design-Thinking von der Zeit-Akademie.

Customer Journey Map zur Gestaltung der User Experience

User Experience Design (UXD) ist die Praxis der Gestaltung von Produkten, Prozessen, Dienstleistungen, Events oder mit Fokus auf der Qualität der Benutzererfahrung. Das User Experience Design erfordert eine disziplinübergreifende Perspektive, die möglichst alle Aspekte der zu gestaltenden Erfahrung berücksichtigt. Das können der Laden, die Webseite, die Verpackung von Produkten aber auch die Kleidung und Einstellung der Mitarbeiter sein. Experience Design zielt darauf ab, die Erfahrung eines Produkts oder einer Dienstleistung anhand der Dauer, Intensität, Interaktion oder auch Auslöser oder Bedeutung zu entwickeln. 

Eine Customer oder User Journey Maps sind eine lebendige, aber strukturierte Form die Nutzererfahrung zu visualisieren. Dazu nimmt das Team alle möglichen Interaktionspunkte des Nutzers mit dem Produkt oder der Dienstleistung sowie den dabei erfahrenen Emotionen auf. Die Customer Journey Map ermöglichen eine Übersicht über die Faktoren, die die Nutzersicht auf das Produkt oder die Dienstleistung beeinflussen. Charmant an der Customer Journey Map ist, dass sie den Weg des Kunden oder Nutzers über verschiedene Interaktionskanäle abbildet und so einen Omni-Channel Ansatz aufgreift.

Nach einer Strukturierung des Prozesses in einzelne relevante Schritte und Touchpoints bzw. Kanäle werden für jeden Schritt aus der Sicht der relevanten Nutzergruppen die Pain Points sowie eventuelle Gains erfasst. Wichtig ist hier insbesondere die emotionale Sichtweise, also war die Nutzer ärgert oder freut. Die Customer Journey Map kann als aktueller Status oder als angestrebter Zustand modelliert werden. Beispiele für die Erstellung einer Customer Journey Map sind hier oder hier (englisch) nachlesbar.

Beispiel

In einem durch TRIO (Transfer und Innovation Ostbayern) geförderten Projekt mit Studierenden haben wir mit Design Thinking den Bestell- und Installationsprozess eines Herstellers von elektronischen Geräten im B2B-Segment verbessert. Ausgangspunkt war, dass die Studierenden den Prozess aus Sicht eines Kunden selbst durchgespielt haben. Dabei haben Sie mit Mitarbeitern des Projektpartners zwei Personas mit speziellen Charakterzügen und Bedürfnissen modelliert. Mit diesem Rüstzeug spielten sie in einem Zoom-In den Prozess als reale Kunden durch. Außerdem interviewten sie zwei ausgewählte tatsächliche Kunden sowie Vertriebsmitarbeiter um möglichst viele verschiedene Perspektiven einfließen zu lassen. Mit dieser Erfahrung erstellten sie eine Customer-Journey-Map und arbeiteten die relevanten „Pain Points“ heraus. Mit diesen Informationen konnte eine etwas präzisere Sichtweise auf die Design Challenge definiert werden.

Anschließend begann die Konzeptionierung der Lösung in einem eintägigen Workshop mit einem klassischen Brainstorming. Die Kreativität wurden durch Super-Hero-Karten gesteigert (“Was fällt Dir noch ein, wenn Du bei der Lösung an MacGyver denkst”). Die besten Ideen wurden in die Konzeptionierung mitgenommen. Dabei halfen die oben verlinkten Scenes, die im folgenden Bild dargestellt sind.

Visualisierung eines neuen Serviceprozesses
Visualisierung des neuen Serviceprozesses mit Scenes

Die Erfahrung war, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit sehr relevante und umsetzbare Lösungen erarbeitet wurden, die den Prozess z. B. durch die Reduzierung von Parametereingaben deutlich nutzerfreundlicher gemacht haben.

Herausforderung Umsetzung und laufendes Management

Die Konzeption ist das eine, die Umsetzung und das laufende Management ist etwas ganz anderes. Natürlich weniger glamourös aber nicht minder wichtig. Denn schlampig implementierte und nachlässig gesteuerte Servicekonzepte, die eigentlich gut gedacht waren, können Kunden auch vergraulen. Bzw. kann umgekehrt bei guter Leistung den Kunden ein gutes Servicenangebot gemacht werden.

So ist ein geplantes und für den Kunden möglichst unsichtbares Auffüllen von Regalen und die genaue und standardisierte Umsetzung Kauf-anregender Warenpräsentation im Store ist der Garant für die Kunden-Wohlfühlatmosphäre. Ebenso perfektionieren gute Skripte und professionelle Schulungen den telefonischen Service. Und gut geführte DevOps steigern die Benutzerfreundlichkeit der Webseite, den Online-Shop oder die App mit agilen Elementen.

Zum laufenden Management und zur Koordination der Serviceprozesse sind klassische Prozessmanagement-Tools eine große Hilfe. Diese habe ich in diesem Beitrag zusammengefasst. Und da man oft bestehende, historisch gewachsene Prozesse verändern muss, spielen dabei soziale Aspekte auch eine große Rolle. Diese und die Herausforderung einer Transformation habe ich in diesen Beitrag skizziert.

Online-Kurs zu den Prozessmanagement-Basics

In meinem Online-Kurs bei Iversity stelle ich in kleinen interaktiven Einheiten die wichtigsten Methoden und Tools zu Analyse und Design von effizienten Prozessen vor. Weitere Themen sind: Abschätzung von Potenzialen und Herausforderungen bei der Umsetzung. Da sich inzwischen auch schon einige Teilnehmer eingeschrieben und Ihre Erfahrungen gepostet haben, profitiert man auch von den Beispielen der anderen. Wenn Sie sich für meinen Newsletter eintragen und mir eine Mail schreiben, kann ich Ihnen einen attraktiven Nachlass gewähren. 

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Einen guten Überblick über die Basics zu Prozessmanagement gibt mein Online-Kurs “Prozessdesign – Prozesse analysieren, Verbesserungen identifizieren, Potenziale heben” bei iversity.org

Es gibt auch eine englische Version: “Process design: analyse processes, identify improvements, raise potentials”

Mein neuer Espresso-Kurs zur digitalen Verschwendung: “Digitale Verschwendung in Prozessen identifizieren – eine Workshopmethodik”